Verletzt!? Wie weiter…

Serah, aka akro monkey kenne ich schon aus früheren Poledance Zeiten. Wir haben uns in einer Ausbildungstätte kennengelernt. Ich war da Dozentin und Serah besuchte mein Modul. Serah ist eine sehr zielstrebige, kraftvolle und leistungsstarke Artistin. Sie liebt Herausforderungen und hat mich schon damals mit ihrem powervollem, kreativen Charakter überzeugt. Die Kombination von Kraft, Beweglichkeit und Ausdauer im Poletraining haben sie sofort in den Bann gezogen und als sie dann die Luftartistik kennengelenrt hat, war sie sofort Feuer und Flamme. An ihrem Wohnort hat sie die Luftartistik aufgezogen und verbreitet. Zuerst im kleinen Rahmen und dann.. wie ich auch auf Instagram beobachten konnte immer für ein grösseres Publikum. Sie ist eine tolle Vertreterin für die Luftartistik und teilt ihre Freude an der Tuchakrobatik heute mit vielen Menschen. In der Ausbildung zum Aerialartistry Teacher unterrichtet sie im Modul tools den Fokus «Drops». In den folgenden Jahren mit vielen Trainingseinheiten konnte sich Serah ein grosses Knowhow erarbeiten und schaffte es ihre Technik stetig zu erweitern und zu verfeinern. Sie wurde zur Spezialistin auf ihrem Fachgebiet.

Und dann…

Habe ich über social media erfahren, dass sie sich verletzt hat. Was für eine Hiopsbotschaft!! Wie schrecklich… Der Horror für alle Artisten. Was, wenn der Körper dein Kapital ist? Wie kannst du Geld verdienen und unterrichten, wenn dein Körper nicht mitmacht. All diese Dinge sind mir durch den Kopf und ich wollte unbedingt wissen, wie es Serah geht. Was ihr wohl durch den Kopf geht. Also hab ich ihr geschrieben. Natürlich im Wissen, dass sie vielleicht nicht zurückschreibt.

Doch… sie hat zurückgeschrieben. Und einmal mehr war ich erstaunt über ihre Offenheit und ihre Zugänglichkeit. Wir haben telefoniert und sie war sofort bereit ihre Gedanken und Erlebnisse mit mit und uns zu teilen. Ihre Worte und ihre Erlebnisse sollen Mut machen für andere, die Ähnliches erleben.

Wie es dazu kam...

Bandscheibenvorfall, L5-S1 links

Vor 2 Jahren (April 22), wurde der Bandscheibenvorfall das erste Mal diagnostiziert und anhand des MRI’s auch bestätigt. Heute (März 24) 2 Jahre später leide ich immer noch unter demselben Bandscheibenvorfall.

Zwischenzeitlich ~Nov 22- Nov 23 konnte ich mehrheitlich schmerzfrei trainieren und machte auch fast alles wieder. Mein Physio war allerdings mein ständiger Begleiter. Teilweise 1x monatlich.

Mein Bandscheibenvorfall ist schleichend gekommen. Es ist nicht so, dass ich zum Beispiel einen Drop gemacht habe und er plötzlich da war. Im nachhinein hab ich mich oft gefragt ob er nicht so ausgeprägt geworden wäre, hätte ich am Anfang pausiert (bevor ich die Resultate des MRIs hatte). Mein damaliger Arzt hat mich nicht 100% ernst genommen und mir Schmerzmittel verabreicht. Es hat ihn nicht interessiert ob und wie ich weiterhin trainiere bzw dass ich Luftakrobatik unterrichte und auch vorzeigen muss ect..

Leider hab ich selber zu diesem Zeitpunkt noch nicht begriffen wie schlimm die Verletzung noch werden kann, habe es ignoriert und habe etwas reduziert weitergemacht. Als es dann nicht besser, bzw etwas schlimmer wurde, holte ich mir eine zweite Meinung. Diesem Arzt war direkt klar: Bandscheibenvorfall, MRI so schnell wie möglich, komplett pausieren, Infiltration (Cortison Spritze direkt in den Wirbelkanal). Danach sollte ich wieder einen kontrollierten langsamen Aufbau mit einem/einer Physio angehen. Dieser Physio begleitet mich auch heute noch…

Heute weiss ich, dass mein Bandscheibenvorfall genetisch bedingt ist, vermeiden hätte ich ihn wahrscheinlich nie komplett können. Dies hat mir ein Wirbelsäulen Spezialist so mitgegeben.

Seit ich mit dieser Verletzung kämpfe, habe ich von sehr vielen Luftakrobatinnen gehört dass sie auch einen Bandscheibenvorfall hatten oder haben. Es ist keine Verletzung welche durch Luftakrobatik ausgelöst wird, jedoch eine typische Verletzung im Prozess des Alterns. Mittlerweile habe ich erfahren, dass es leider und häufig Frauen im Alter von 30-35/40 sind, die betroffen sind.

Eine gute Rumpfmuskulatur ist etwas was bei einem Bandscheibenvorfall hilft, wenn man jedoch bereits aktiv Luftakrobatik macht sollte diese ja vorhanden sein. Auf den Körper gut hören, einen Arzttermin nicht raus zögern und lieber mal eine kurze Pause einlegen statt danach für Monate auszufallen.

Die OP und wie es weitergehen soll...

Was, wenn es einfach nicht besser wird. Was, wenn nur noch eine OP hilft?

Ja, es war definitiv keine leichte Entscheidung für mich. Ich habe mich im Endeffekt für die OP entschieden, da der Schmerz mehr statt weniger wurde. Mein Leben im Alltag wurde immer mühsamer und weder Physiotherapeut noch Arzt konnten mir weiterhelfen. Ich habe alles Erdenkliche gemacht, in der Hoffnung es geht ohne OP. Wenn ich nur schon an die vielen Therapiestunden denke…

Anfang Nov 23 hörte ich zum ersten Mal von meinem Arzt, dass er mir eine Operation empfiehlt (zu diesem Zeitpunkt hatte ich wieder mehr Schmerzen, habe einen Termin bei ihm erhalten, erneutes MRI, immer noch der gleiche Befund). Für mich war damals klar, NEIN –  nur keine OP, so schlimm ist es nicht. Somit habe ich drei Wochen pausiert und Entzündungshemmer genommen in der Hoffnung auf Besserung. Gleichzeitig war ich wieder aktiv 2x Wöchentlich beim Physio und einen Termin beim Chirurgen wurde ausgemacht, um eine mögliche Operation «nur» mal zu besprechen.

Nach dem Besprechungstermin war für mich erneut klar NEIN –  keine OP. Der Chirurg selber sagte: «Ich kann dich operieren, jedoch wäre dies Luxus in diesem Zustand». Er empfahl mir eine weitere Infiltration, welche ich ablehnte da ich mit den Medis praktisch schmerzfrei war. Was natürlich nicht von Dauer war.

Anfang Dezember machte ich dann doch die Infiltration. Da nach dem Absetzen der Medis die Schmerzen natürlich wieder da waren. Die Infiltration nützte nur dieses Mal leider nichts, auch längerfristig nicht.

Mitte Februar erhielt ich einen weiteren Termin beim Chirurgen. Für mich stand zur Abklärung, ob die Operation nun wirklich die einzige Lösung sei? Dann war klar. Leider JA. Ich holte mir daraufhin eine zweite Meinung bei einem weiteren Wirbelsäulen Spezialist und Chirurgen. Nach diesem zweiten Termin habe ich mich dann Ende Februar definitiv für die Operation entschieden.

Bis zu einem Operationstermin muss man einen Moment warten bis bestätigt wird, ob man die OP auch wirklich braucht. Zwischenzeitlich konnte ich ohne Schmerzen nicht mehr laufen, stehen oder sitzen. Der Schmerz war inzwischen allgegenwärtig geworden.

Da ich extreme Schmerzen habe, freue ich mich auf die Operation. Es ist ein Lichtblick in eine hoffentlich schmerzfreie Zukunft. Die Angst vor einer Operation ist noch da. Die Angst davor nachher nicht mehr laufen zu können oder blockiert zu sein, mich nicht mehr so zu bewegen, wie bis anhin ist sehr gross, jedoch überwiegt die Hoffnung auf einen schmerzfreien Alltag und ein schmerzfreies Training.

Ich war extrem nervös und habe die Nacht davor ab drei Uhr kaum geschlafen. Als ich dann im Spital ankahm, wurde ich ganz ruhig und dachte jetzt kann ich auch nichts mehr ändern. Leider musste ich dann noch 4.5 Stunden warten bis zur OP und konnte bereits mein Zimmer einrichten. 1 Stunde vor Abholung kam die Pflegerin und sagte ich soll mich nun umziehen (Nachthemd) und sie komme dann bald. Es ging dann doch noch 1 Stunde. Da waren meine Nerven ziemlich blank. Man wird dann im Bett abgeholt und «quatscht» auf dem Weg zum OP-Saal noch mit einigen Mitarbeitern, was irgendwie komisch, aber auch beruhigend ist.

Beim Anästhesisten lag ich dann da, super angespannt und nervös. Sie begannen mit ein paar Tests und legten den Venenzugang. Mein Puls war nonstop auf 110. Ich fühlte mich in guten Händen aber hatte extrem Angst.

An das Nächste was ich mich erinnern kann war, dass ich aus einem tiefen Schlaf und aus einem Tuchtraum gerissen wurde, was ich auch lautstark mitteilte, was zu Gelächter rund um mich führte. Ich hörte dann, dass der Chirurg meinem Mann kurz ein Telefonat gab und ihm mitteilte dass alles gut verlaufen sei und ich noch nicht ganz wach sei. Dann bekam ich mit, dass ich in den  Aufwachraum gefahren wurde. Die Nervosität kam zurück und die Pfleger versuchten mit Atemübungen und auch Medikamenten mich zu beruhigen. Ca 45 Minuten später gings auch schon zurück ins Zimmer. Ich war nach wie vor mit einem Puls von 110 da und fühlte mich noch nicht wohl. Von Stunde zu Stunde wurde es zum Glück besser und 4-5 Stunden nach OP stand ich zum ersten Mal auf (mit Hilfe), da ich auf die Toilette musste.

Ich bin heute 4 Tage nach OP. Die ganze untere Rückenmuskulatur schmerzt. Es ist eine Mischung aus einem extremen Muskelkater und einem Wundgefühl. Die Narbe selber spüre ich aktuell nicht. Aufstehen, Hinlegen schmerzt und ist unangenehm. Mein Körper ist sehr erschöpft und ich brauche viel Schlaf und Erholung. 2 Tage nach OP wurde ich bereits nach Hause geschickt, was schön aber auch sehr anstrengend war. Eine 4 Jährige Tochter zu haben die ständig rumrennt, was von einem haben möchte ect ist aktuell sehr anstrengend und ermüdend. 

Leider fühle ich mich (insbedondere in sportlicher Hinsicht) von den Ärzten nicht gut betreut. Vor Ort hatten sie viele ältere Patienten (70+) und gefühlt behandeln Sie alle Patienten gleich.

3-4 Wochen sollte ich nicht selbständig Autofahren, für einen Monat bin ich krank geschrieben. Dass ich selbständig bin, Hausfrau und Mutter bin, und jetzt nicht einfach einen Monat nichts machen kann, interessierte die Ärzte leider nicht sonderlich.

Grundsätzlich darf ich alles im schmerzfreien Zustand machen. Nicht mehr als 5 kg heben und mich nicht bücken oder die Wirbelsäule verdrehen.

Mit Physiotherapie darf ich nach 4 Wochen wieder starten, nach 6 Wochen gibts eine Nachkontrolle beim Chirurgen. Die Wundkontrolle muss der Hausarzt übernehmen. 

Ich hätte gerne mehr Informationen erhalten und hätte auch gerne etwas mehr Unterstützung. Ich habe auch versucht mehr herauszufinden. Zum Beispiel konnten Sie mir nicht mitteilen, wann ich wieder baden darf! Ich hoffe mein Hausarzt und mein persönlicher Physiotherapeut können mir da nun besser weiterhelfen.

Nach ein paar Monaten...

Körperlich geht es mir sehr gut. Ich bin zum Glück komplett schmerzfrei. Anfangs hatte ich ab und zu noch ein kribbeln im Fuss, dies wurde klar vom Nerv ausgelöst, nun ist dies jedoch auch weg. 

Sobald ich einen eher runden Rücken machen möchte, spüre ich sofort eine extreme Spannung. Mein Körper blockiert bei Bewegungen des Rückens und ich kann ihn so gar nicht wirklich bewegen was im Moment sicherlich auch gut ist und so sein soll.

Drehungen des unteren Rückens vermeide ich noch. Ich taste mich erst langsam an kleine Rotationsbewegungen, wobei ich in diesen Momenten das Gefühl habe ich drehe,  schlussendlich dann aber doch nur der obere Rücken arbeitet. 

Ich bin aktuell 2x wöchentlich beim Physio und wir machen zusammen einen Muskelaufbau so wie Mobilisationsübungen. Ärzte technisch bin ich nicht begleitet, es gab eine Wundkontrolle und dann noch eine Endkontrolle. Ich vertrau da also komplett meinem Physio.

Laut den Informationen des Arztes, durfte ich nach 2 Wochen mit Physio beginnen und nach 4 Wochen mit Muskelaufbau starten. Daran habe ich mich gehalten und baue alles mit meinem Physio zusammen auf. Wenn wir zusammen als Beispiel eine Plank machen, mach ich diese nacher auch zuhause. Wir arbeiten eng zusammen und sprechen ab was geht oder nicht geht.

Ich bespreche mein Training mit dem Physio. Aktuell hab ich leider von ihm noch nicht das Okey fürs Tuch oder einen Handstand und somit lasse ich das noch weg. Ich halte mich daran, was wir vereinbaren auch wenn es mir von Tag zu Tag schwerer fällt. Einzig Kraftübungen mit dem Tuch darf ich machen, was ich natürlich bereits mit grosser Leidenschaft umsetze.

Ich denke auf den Körper zu hören so wie auf eine Fachperson zu hören sind wichtige Punkte welche ich auch versuche umzusetzen. Ich weiss dass mein Physio mir auf Insta folgt und versteht was ich als Sport mache und wir haben auch bereits darüber gesprochen was meine Ziele sind und wir schauen von Termin zu Termin ob oder wann ich mehr darf. Ich fühle mich da zum Glück in guten Händen und unterstützt.

Genau die Schwangerschaft ist ja auch noch, was den Aufbau und die Heilung nicht einfacher macht. Ich wünsche mir das ich noch während der Schwangerschaft die Basics in der Luft machen darf. Auch auf Handstände und Splits freue ich mich. Aber wir werden sehen was die Zukunft bringt.

Aktuell unterrichte ich meine Kinder mit Hilfe von meinen Erwachsenen Schülern. Für jede Stunde frage ich, wer mich unterstützen möchte/könnte und dann unterrichten wir zusammen. Ich erkläre, gebe Aufgabenstellungen und die Schülerin zeigt vor und steht mir als Helferin zur Seite. Es ist mühsam aber machbar. Die Schülerinnen, welche mir helfen lernen auf jeden Fall viel dazu und setzen sich mit einzelnen Elementen nochmals auseinander. So können auch sie profitieren. Teilweise üben wir auch extra vorgängig, insbedondere wenn ich weiss, dass es eine Weile her ist, was Sie vorzeigen sollen. Zum Glück haben meine Erwachsenen bereits viel Erfahrung.

Bei den Erwachsenen Kursen arbeite ich teilweise mit Videos von mir. Glücklicherweise habe ich ja sehr viele Videos von mir auf insta mit Ein und Ausgängen, welche ich verwenden kann. Teilweise erkläre ich nur, und lass dann eine Schülerin vorzeigen. Sie folgt dann schrittweise meinen Anleitungen. Es funktioniert sehr gut und die Schüler:innen finden die Methode mit den Videos praktisch, da man ja zurückspuhlen und anhalten kann ; )

Ich habe dies offen kommuniziert und mein aktuelles Angebot transparent erklärt (ohne Vorzeigen von meiner Seite). Wem dies nicht zusagt, der muss auch nicht kommen. Alle wissen, dass ich momentan leider keine andere Lösung bieten kann. Alle meine Schüler:innen sind zum Glück zufrieden mit dem Unterricht, soweit ich das einschätzen kann. Sie sind dankbar eine Trainingsmöglichkeit zu haben. 

Ich unterrichte momentan praktisch all meine Kurse wieder selber. Auch meine Privatstunden habe ich wieder aufgenommen. Somit kommt das Geld rein und ich bin dankbar so verständnisvolle Schülerinnen zu haben. 

 

Ich sehe dies sehr positiv und habe definitv vor nach der Geburt (natürlich nach der Postpartumpause) einen vollen Aufbau zu machen und wieder durchzustarten. In zwei Jahren sehe ich mich mit voller Kraft zurück in der Luft. 

Ob ich weiterhin grössere Drops oder Drops mit Rotationen machen werde, weiss ich noch nicht.

Wie es bezüglich Backbends so wie Forwardfolds aussieht muss ich es auf mich zukommen lassen und jeweils vorzu schauen und entscheiden wies geht bzw wie ich mich fühle.

Ich möchte gerne wieder voll trainieren können, jedoch nicht meinen Körper bzw meine Bandscheibe belasten, auf jeden Fall keinen Rückfall haben. Das ist sicher.

Was möchtest du jungen, ambitionierten Luftartistinnen noch mit auf den Weg geben?

Gerne gebe ich ambitionierten Luftartistinnen mit auf den weg: hört auf euren Körper. Ihr habt nur einen Körper und braucht den noch euer Leben lang. Vergleicht euch nicht mit anderen, jeder Körper ist einzigartig und lernt in einem unterschiedlichen Tempo. Kein Training rennt davon es gibt immer einen neuen Tag mit neuer Kraft, neuer Energie um etwas, das noch nicht klappt zu wiederholen, zu festigen und um Spass daran zu haben. Vergesst nicht Spass zu haben und euer Training zu geniessen.

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