Ein Leben als Luftartistin

Ein Leben als Luftartistin

Kann man in der Schweiz eigentlich als Luftartistin leben? Ist das möglich?

Auch wenn es nicht ganz einfach ist, gibt es in der Schweiz tatsächlich ein paar wenige Artistinnen, die von ihrer Kunst leben können. Eine davon ist Rahel Merz. Endlich konnte ich erfahren wie es ist Luftartistin zu sein und was es heisst davon zu leben. Ich durfte Rahel treffen und konnte ihr all meine Fragen stellen. Dabei habe ich erfahren, was es braucht, um diesen Weg einzuschlagen, wie man zu den ersten Aufträgen kommt und wie eine Woche in einem Engagement aussieht…

Zur Zeit lebt Rahel in der Schweiz und arbeitet als Tänzerin, Luftartistin und Pädagogin. Sie performt, arbeitet in Produktionen mit und unterrichtet unter anderem bei Flyingdance, Kinderzirkus Robinson ZH, Institut Rosenberg St.Gallen und leitet diverse Workshops.

 

Nach der Matura absolvierte Rahel die Berufsausbildung zur Bewegungs- und Gymnastikpädagogin (SBTG) in Baden und liess sich danach während drei Jahren an der Iwanson Schule für zeitgenössischen Tanz in München zur Tänzerin und Tanzpädagogin ausbilden. In München choreografierte sie ihre ersten eigenen Stücke und performte als Tänzerin auf diversen Bühnen.
Zurück in der Schweiz unterrichtete und choreografierte Rahel regelmässig für Profis und Laien und war selbst in diversen Produktionen und Shows zu sehen (www.rahelmerz.com).
Um sich stets weiterzubilden folgten regelmässige Weiterbildungen im In- und Ausland (Zürich, Innsbruck, München, London etc).

Im Jahr 2011 begann sich Rahel in Akrobatik und Luftartistik weiterzubilden, was sie für fast ein Jahr nach London und zu  Aircraft Circus brachte. Was zuerst mit Luftring und Vertikaltuch begann, weitete sich mit der zunehmenden Leidenschaft immer mehr auf weitere Disziplinen in der Luft aus. 
Durch spezifische Weiterbildungen in Luft- und Bodenakrobatik, Contorsion und Pädagogik erweitert Rahel bis heute regelmässig gezielt ihre Fähigkeiten. 

Rahel Merz im Interview:

Als ich in London war! Ich wollte mich eigentlich im Bereich Tanz weiterbilden, neu inspirieren lassen und herausfinden, wer  ich als Tänzerin bin. Ich suchte nach einer internationalen Stadt und vor allem nach einem breiteren Angebot als in der Schweiz. London war für mich die richtige Entscheidung zu diesem Moment, da ich in dort anonym auftreten konnte und so ungehemmt alles ausprobieren und mich von den verschiedenen Einflüssen inspirieren lassen konnte.

Als Tänzerin ist es von Vorteil, wenn man ein paar «special skills» hat.. diese wollte ich mir in den Bereichen Boden- und Luftakrobatik aneignen. Während meines Aufenthalts in London habe ich dann meine Leidenschaft für die Luftakrobatik entdeckt. Zuerst begann ich mit normalen, wöchentlichen Kursen in Luftring und Tuch, absolvierte dann aber noch ein halbjahres Intensiv-Programm für Aerial Foundations.  Mein tänzerisches Können war für mich ein grosser Vorteil für die Luftakrobatik.

In der Schweiz habe ich mich zuerst auf Luftring spezialisiert, habe selbst regelmässig für mich trainiert, aber auch immer wieder neue Inputs in London geholt. Ich ging an Workshops und nahm Privatunterricht.

Ich wurde immer mehr und öfters angefragt für Shows. Zuerst habe ich in den Produktionen Tanz und Luft noch kombiniert, bis es dann immer mehr reine Luftshows wurden.

Zu diesem Zeitpunkt habe ich gemerkt, dass ich nicht beides auf demselben Level machen kann (Tanz und Luftakrobatik). Physisch war dies für mich nicht möglich. Ich musste etwas vertiefen und bewusst einen Fokus setzen um mich weiterentwickeln zu können.

Den Punkt, dass du sagen kannst jetzt bin ich Tänzerin/Luftartistin gibt es nicht. Eigentlich denkt man ja, man macht eine Ausbildung und ist dann Tänzerin resp. Luftartistin. Aber es gehört noch viel mehr dazu und es passiert eigentlich schleichend. Ich habe immer mehr in Shows und Produktionen mitwirken können. Irgendwann kam der Moment, an dem ich bemerkt habe, dass ich von anderen als Künstlerin bezeichnet wurde. Als ich sah, dass ich immer mehr arbeiten und meinen Hauptverdienst daraus ziehen kann, war mir klar, dass dies mein Job ist – dass ich nun also Luftartistin bin. Geholfen hat auf jeden Fall die Ausbildung als Fundament und natürlich auch später der Austausch und die Privatstunden und Feedbacks von anderen Luftartistinnen.

Meistens probe und kreiere ich dann die Acts für die kommenden Galas und Events. Ich unterrichte teils an ein paar Abenden. Wenn ich wenig los habe trainiere ich für mich oder mache auch Weiterbildungen. Gerade jetzt im März und April habe ich wieder mehr getanzt, habe Stunden genommen und letztes Jahr habe ich in einer solchen Zwischenzeit eine online Weiterbildung im Luftring absolviert. Ich versuche am Ball zu bleiben, mich jedoch nicht körperlich zu überfordern.

Da trainiere ich nicht noch extra! Ich schaue dann sehr gut auf meinen Körper. Jeder Typ ist unterschiedlich und braucht etwas anderes für seinen Körper. Die Tagesverfassung, Zyklus etc spielen dabei eine grosse Rolle. Ich mache jeden Tag Stretching und Ausrollen und ca zweimal die Woche meine Basic Kraftübungen. Dazu kommt natürlich jeden Tag ein gutes Aufwärmen für die Show.

Mir hilft mein Netzwerk. Ich bekomme sehr viele Aufträge über Mund zu Mund Propaganda. Auch über Auditions bin ich zu Engagements gekommen und konnte so in weiteren Produktionen mitwirken.

Auf Facebook gibt es viele Gruppen und Ausschreibungen. Es lohnt sich da ein bisschen zu recherchieren. Natürlich muss man vorsichtig sein bei Ausschreibungen und es hilft, wenn man Angebote mit anderen bespricht und diese auch kritisch betrachtet.

Auch auf Insta gibt es eine grosse Community. Leute, die Ausschreibungen teilen und liken.

Ich unterrichte ein paar Stunden als Nebenverdienst. Momentan habe ich keine Festanstellung. Vor Corona habe ich aber lange noch in einem Fitness gearbeitet. Momentan bin ich nur Luftartistin – das ist ein bisschen «out of my comfort zone..». Bis jetzt jedoch funktionierts. Je nach Typ kann man mehr oder weniger gut mit einer gewissen Unsicherheit umgehen. Nach Corona habe ich viel weniger unterrichtet und habe gemerkt, dass es auch mit wenig Stunden klappt. Natürlich auch dank den Shows die wieder möglich waren.

Was würdest du anderen, die diesen Weg auch gehen möchten mitgeben wollen?

Seinem Ziel nachgehen. Den Willen dranzubleiben. Leidenschaft behalten und sehr viel Austausch mit anderen. Ein gutes Netzwerk aufbauen!

Leidenschaft teilen und miteinander Wege gehen. Einen Coach suchen, der dich weiterbringen und unterstützen kann.

Besuche Kurse und Workshops um Menschen kennenzulernen, die deine Leidenschaft teilen.

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